Vespa

Dass die aus der Not geborene Konstruktion namens Vespa einmal Kult-Status erreichen würde, hatte Enrico Piaggio sicherlich nicht im Sinn, als er mit der Vespa 98 im Jahr 1946 die Mutter aller Motorroller auf den Markt brachte. Doch der weltweite Siegeszug des sparsamen und leicht fahrbaren Zweirads war von da an nicht mehr aufzuhalten - eine Popularität, die bis heute anhält. Günther Uhlig erzählt die Geschichte der Vespa von ihren Anfängen bis heute. Als einer der besten Vespa-Kenner der Materie weiß er viel über den Triumphzug des Rollers aus Italien und die unzähligen, bis heute erschienenen Typen und Modelle zu berichten. 

Vespa V.98 und Vespa 125 – die mit der Lampe unten

Er gehört zum prägenden Stilmerkmal der Vespa schlechthin – der Scheinwerfer auf dem vorderen Schutzblech, "Faro basso" (zu deutsch: "Lampe unten"). Elf Jahre, von 1946 bis 1957, war er einer der Markenzeichen, die die Vespa so unverwechselbar gemacht haben. Am 23. April 1946 reichte die Piaggio & C. SpA die Unterlagen für die Bauartzulassung der V.98 beim Industrie- u. Handelsministerium in Florenz ein. Das Datum gilt als "Geburtsstunde" der Vespa. Sie bekam einen 2-Takt-Motor mit einem Hubvolumen von 98ccm bei 50mm Bohrung x 50mm Hub, der bei 4.500/min 3,2PS entwickelte und für eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h und eine Steigfähigkeit von 20 % im ersten Gang gut war.

Eine einschneidende Zäsur im Herstellungsverfahren der Karosserie hält 1958 bei Piaggio Einzug in die Produktionsstraßen: Waren bisher alle Roller aus Einzelblechen zusammengeschweißt, wird der Rahmen der Vespa 125 ab sofort aus zwei Halbschalen gefertigt, zu erkennen an der durchgehenden Mittelnaht, der die sogenannte Vergaserklappe im Bogen des Durchstiegs zum Opfer fällt. Weiter aus einem Stück gezogen bleibt zunächst der vordere Kotflügel, in dessen Mitte eine schmale Zierleiste sitzt. Insgesamt erscheint die Karosserie nicht nur schlanker, sondern ist auch 5 kg leichter geworden. Nicht ahnend, dass die Fahrzeuge mit der "Lampe unten" einmal Kultstatus erlangen würden, wurde der Wunsch nach einer Positionierung des Scheinwerfers wie bei der 150er im Lenkkopf Wirklichkeit. 

Es muss am mediterranen Klima liegen: mit Aufnahme der Produktion bei der "Moto Vespa S.A." in einem Vorort von Madrid trat die Vespa 1952 in Spanien einen ähnlichen Siegeszug wie in Italien an. Gebaut wurde die gesamte Palette aus Pontedera, allerdings vielfach den nationalen Bedürfnissen angepasst. Dadurch ist eine kaum noch zu überblickende Modellvielfalt entstanden, die das Herz von Sammlern höher schlagen lässt. Legendär sind die abertausende Vespas in Diensten der königlich spanischen Post, die jeden Tag bis in die kleinsten Dörfer ausgeschwirrt sind, um Briefe und Päckchen zuzustellen. Leider werden sie immer mehr ausgemustert, doch ganz vereinzelt findet man auch heute noch eine gelbe PX mit Wetterschutzscheibe und der riesigen Transportbox hinter dem Sitz.