Jagd-Reisefieber

Wenn ferne Wechsel rufen

Die kurzweilig erzählten Geschichten über 35 Jahre Jagdreisen quer durch Europas Reviere berichten über spannende Jagderlebnisse in atemberaubenden Landschaften, an geschichtsträchtigen Orten, mit guten Freunden, bisweilen aber auch dubiosen Gestalten. Nur dem ersten Anschein nach bunt zusammengewürfelt, verbindet die gewachsene Jagdpassion einen Kreis von erfahrenen Jägern, die es ohne Neid und Missgunst genießen, gemeinsam im Ausland zu jagen. Dabei geht es ihnen nie nur um den reinen Jagderfolg, sondern immer auch um das gemeinsame Erleben ihrer Leidenschaft.

Der Mythos Wisent gehört zum Białowieża Nationalpark wie die russischen Zaren, die polnischen Könige und die Fürsten Kiews oder Litauens und andere Würdenträger sowie später auch viele politische Größen oder Ungrößen, die in diesem Gebiet zur Jagd gingen. Schon 1577 begann die staatliche Vormundschaft über dieses letzte europäische Wildrind, und erste Gesetze zu dessen Schutz, aber auch zur Reglementierung der Jagd wurden erlassen. [...] Nach Ende des Krieges erlegten dann polnische Wilderer im April 1919 das letzte Exemplar der ehemals bis zu 1.898 Tiere zählenden Wisentpopulation. Nur dem Polen Jan Shtolzt ist es zu verdanken, dass diese imposante Tierart heute wieder in stattlicher Anzahl im Nationalpark vorkommt. 

Im Jahre 1999 war eigentlich eine Drückjagdreise mit Josef nach Russland geplant. Lange hatten wir die uns vorliegenden Angebote kleinerer russischer Reisevermittler abgewogen und versucht, die teilweise haarsträubend hohen Streckenerwartungen in ein realistisches Bild zu setzen. Ein Vermittler versprach uns gar eine Strecke von bis zu 100 Sauen am Tag. Wir wären mit 10 bis 15 Sauen schon hochzufrieden gewesen. Mit überzogenen Streckenerwartungen versuchen selbst seriöse Jagdvermittler, insbesondere bei Pauschaljagden, immer wieder Kunden zu locken. Dass diese Erwartungen nur bei einem Schussverhältnis von wenigstens 1 : 3 gelten, versteht sich von selbst. Aber die großzügig versprochenen Rückzahlungen bei Unterschreiten einer Mindeststrecke sind mit Vorsicht zu genießen und machen meist einen verschwindend kleinen Teil an den Gesamtkosten einer solchen Reise aus. 

Die Jagd begann verheißungsvoll. Schon nach dem ersten Treiben brach bei den Weißrussen große Freude aus. Klaus hatte einen Wolf gestreckt. Nach Willi im Vorjahr der zweite aus unserer Gruppe, dem Diana besonders hold war. Heute europaweit geschützt, werden Wölfe in Weißrussland nach wie vor bejagt. Sie machen der ärmlichen Landbevölkerung das Leben schwer, hat doch fast jeder hier noch ein wenig Vieh hinter dem Haus und sieht den Wolf als echten Nahrungskonkurrenten. Klaus stellen sich heute noch die Haare auf, wenn er sich an den Anblick der Hunde erinnert, die die Treiber mit sich führten. Einige ähnelten doch verdächtig „seinem“ Wolf, und hätte er diese vor dem Treiben gesehen, wäre er sicherlich deutlich zurückhaltender gewesen.